Bücher - Hefte - Neue Poesie (meine Faltblätter)

 

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trauer

 


Gedichte festgehalten:    Der Einführungstext zum Weltlyriktag der Unesco 21.3.11

Gedichte fassen zusammen, sie verdichten Bilder und Empfindungen.Die begrenzte Wirkung der Gedichtzeile widersteht in ihrer Kürze* allen Wucherungstendenzen. Man muss sehr genau sein.".... Gedichte halten auf etwas zu...,vom Selbst des Autors halten sie auf ein anderes, auf ein „Du“ hin. Die Gedichte – zunächst ein Mittel der Selbstfindung – werden mehr und mehr auch zu einem Medium auf dem Weg zu einem Du. Und so treffen sich Autor und Leser wirklichkeitswund  als Schiffbrüchige dieser Zeit und dieser Welt – und finden Zuflucht beim Wort, das aus Dunkelheit gezogen und im Licht der Sprache zu einer neuen Wirklichkeit" wird. (Richard Staab)


Die jüngste Veröffentlichung 2014  ( ins Engisch übersetzt von Herbert Windolf)


Franz Wegener

21.12.2013

Hi Annemarie,

habe gerade Deinen neuen Gedichtband gelesen. Die Umsetzung des Jahreslaufes in eine Gedichtreihe ist gut gelungen, das Buch liegt gut in der Hand und überanstrengt nicht. Evas einleitende Worte sind auch nett getroffen, vor allem der letzte Satz mit der „und“-Reihung, die den Rhythmus des Themas aufnimmt, gefällt mir ausgesprochen gut. Schön auch das Aufblitzen von Fehmarn-Alliterationen, z.B. in „Etwas gegen den Wind setzen“. Herb dürfte sich glücklich schätzen, derart prominent (die verdiente) Erwähnung zu finden.

Frohe Weihnachten, auch von Mario

Franz

versuch


Buch-Veröffentlichung 2011:

Rezension von Frau Dr.Wieslawa Wieland (Northeim):

Gedichte und ihre Verfasser fristen in heutiger Zeit ein Aschenbrödeldasein. Die großen Verlage mit ihren Werbetrommeln, den Buchmessen, beachten sie kaum noch.Dabei galt jahrhundertelang das Gedicht, nicht der Roman, als die nobelste Gattung der Literatur. Welche Schulkinder lernen aber noch heute Gedichte, etwa Balladen, auswendig? Und wer kauft noch heute einen schmalen Band Gedichte und versenkt sich in ihre Welt? 
Doch diese bescheiden auftretenden, rein sprachlich sich darbietenden Miniaturen bringen die Vorstellungskraft, somit die kreative Seite unserer Intelligenz ins Spiel.Das Entschlüsseln und das Erahnen der einfachen Vieldeutigkeit eines Gedichts wird für diese zum Prüfstein. Gedichte bieten ein Gespräch mit dem Autor, der seine Entdeckungen und Einsichten im Kleid des Rhythmus und einer kunstvollen Sprache vor uns ausbreitet.

Die in Northeim lebende Annemarie Schnitt ist eine solche Dichterin. Ihre Poesie, die schon in zahlreichen Veröffentlichungen vorliegt, und mit der sie in ihrer Heimat, dem Ruhrgebiet, bereits viel Anerkennung 
gewinnen konnte, ist jetzt um einen neuen Band reicher. Es sind dies zumeist aphoristische, poetische Blitze, die stets die platte Realität transzendieren, einen Schwebezustand der Reflexion schaffen. Dabei bleibt Annemarie Schnitt der Thematik zeitgenössischer Lyriker treu, es geht auch bei ihr um den Prozeß der poetischen Schau, um die Loslösung von der gängigen Realität, um einen  befreienden Rückzug, den Weg nach Innen.
Manches erinnert an die polnische Nobelpreisträgerin Wislawa Szymborska, 
manches an kurze orientalische Gedichte, doch Annemarie Schnitt besitzt einen eigenen persönlichen Ton, wobei sie tröstet und klärt. Wer innehält und ein kluges Gespräch sucht .der greife nach diesem Büchlein.


Datum:  08.07.2012 20.17
Nachgedanken zu einem Gedichtabend von Annemarie Schnitt

Es war ein gedankenvoller Abend, den Annemarie Schnitt in der Donnerstagsgesellschaft Northeim mit ihren Gedichten gestaltet hat. Ihre Art des Vortragens – auch ihre Stimme - verlieh den Gedanken der Gedichte einen Grad von Authentizität, dass man - sich selbst in die vorgetragenen Gedanken einbringend – nicht nur mitgehen konnte, sondern begann, über sich selbst und vergleichbare Situationen nachzudenken. Wenn das Wort gewinnbringend eine Berechtigung hat, dann trifft es auf den Abend mit den Gedichten von Annemarie Schnitt zu. Mir wurde auch klar, was die Lektoren von Schulbuchverlagen bewogen hat, Gedichte von Annemarie Schnitt in Lesebücher zu übernehmen, es ist gut vorstellbar, dass Jugendliche ihre Gedichte ebenso mögen wie die Teilnehmer an dem Gedichtabend. 
Aus der Bedrängnis des Alltags mit seinen Nöten, Begrenzungen und seinen ‚Fesseln der wetterwendischen Welt‘, dem Verweilen im Dunklen, dem an „Scherben“ reichem Leben, das umstellt ist von „Mauern“ und oft genug nur „Sackgassen“ anbietet, öffnen sich in Annemarie Schnitts Gedichten wie in „Chaos im Kopf“, Wege aus der Bedrängnis, Perspektiven auf eine neue, zumeist befreiende Wirklichkeit.
 Aus der geradezu alltäglichen Beobachtung von Festland und Brandung gewinnt Annemarie Schnitt den Gedanken des Neu – Ankommens („fesselfrei“) oder den Gedanken des Neubeginns im Gedicht „Zwischen Ebbe und Flut“. Aus einer Beobachtung wird der Gedanke entziffert, aus dem Gedanken wird das Gedicht. „Aus Gedanken Feuer schlagen“ kann geradezu als das Arbeitsprinzip der Gedichte von Annemarie Schnitt gesehen werden. (Einfühlend war dann auch war die Änderung der Ankündigung durch Olaf Weiß, die aus der Ankündigung „Aus Gedanken Feuer schlagen“ „Aus Gedichten Feuer schlagen“ machte.) Immer wieder keimt in den Gedichten die Hoffnung auf Besseres auf, von Rettung ist die Rede, „wo Hoffnung aufblitzt“ (wieder die Verbindung von Feuer und Besserem). Es geht Annemarie Schnitt nicht um den erfüllten Besitz der Hoffnung - „zerbrechliche Blüten der Hoffnung“ – so sehr sie auch eine bessere Welt sich herbeiwünscht (s. „Wie denn“). Ich fragte mich an einigen Stellen, ob der Titel nicht besser formuliert wäre „Aus Gedanken Funken schlagen“, ob daraus ein Feuer werde, bleibt dem Hörenden aufgegeben - gemäß dem Leitsatz von Octavio Paz „Das Gedicht, sei es offen oder verschlossen, fordert die Abschaffung des Dichters, der es schreibt, und die Geburt des Dichters, der es liest oder hört.“ den Annemarie Schnitt ausdrücklich heranzieht. 
 Und immer wieder nutzt sie die Möglichkeiten der Sprache als Mittel gegen die Vergänglichkeit. Elisabeth Borchers schreibt: "Wenn wir etwas über die Unbestechlichkeit, den Triumph der Sprache erfahren wollen, lesen wir ein Gedicht." Manche Worte wie „Ortlosigkeit“ oder „fesselfrei“ oder „fußsicher, flügelleicht“ oder „blickgenau“, die das Rechtschreibprogramm des Computers nicht sofort annimmt, sind kunstvolle Stufen, die, wenn auch oft genug nur für befreiende Momente, die eigene - oft als belastete und belastend erlebt - Wirklichkeit transzendieren. Noch einmal Elisabeth Borchers. ,,Das Gedicht ist uns selbst auf der Spur, es zeigt uns Wege, die wir verlassen haben, die wir finden oder wieder finden müssen, wenn wir auf dem Weg zu uns selbst sind. Darum sind Gedichte unverzichtbar, darum gehö-ren sie zu unserem Existenzminimum."
Folgt man Annemarie Schnitts Gedichten, kann man sehen, wie ‘Worte Bausteine neuer Welten schaffen“ für den 
„ortlosen Menschen“, „sicherer zu gehen unter der Sonne“
Herzlichen Dank, Frau Annemarie Schnitt!
Rolf Ballof

  Neue Poesie - (meine 12 Faltblätter)                     

                  

       Gedichte
      
wie Zugvögel

       (Meine Freunde – die Worte)

                                                   

Schreib Deine Schrift

    in den Schnee

   Warte nicht
      fang an
 schreib
deine Schrift
    in den Schnee


 Meine Freunde


   die Worte
   wie nahe Wesen


   unterwegs mit mir
   auf geheimen Wegen



Poesie

das beflügelte Wort

das aus der Luft gegriffene

das freigesetzte 

zum Flug in alle Winde
        

   

Eine Weile noch bleiben

nah am Wort
  im
Spielraum der Sprache



im Lichtkreis der Sonne


zu erwärmen die  Stirn

Verborgenes heimlich

 

zum Blühen zu bringen
            

 

 Diese Übereinstimmung    

  die leise
  mit der Welt
der Poesie

  mitten im Leben  
  dem lauten

   

Schneeflockenleicht     

  ist das Glück
                
wie es dir
zerschmilzt
unter dem Tag

wie es dir zertropft

zwischen den Fingern

   


Das Schicksal
dein Geschick  mein Geschick

was ist es    das Schicksal

das dein Leben beschickt

das Schicksal

dem einzig du  
gewachsen bist

mit wachem Kopf  

mit klaren Sinnen

 

Dazu stehen

ein Einzelgänger zu sein

sich nicht in der Zeitmühle

zermahlen zu lassen

nicht festgelegt zu werden

sich frei zu fühlen
im Bewegen
im Denken
im Tun im Glauben 

in der Gewissheit

alle Freiheit in Gott
verankert zu wissen  

                    

Wie gelingt dir


der Einblick  

der Durchblick


der Überblick
der Weitblick
über die Dinge
des Daseins 


dass sich Licht legt 

      
unter die Füße

 

Das Ankommen 


 
bei dir selbst

 nach allem Auf und Ab

 nach Zweifel und Fragen

 nach Dämmer und Dunkel 
 nach Wachen und Träumen

 nach Licht und Lachen

 nach Graben  und Grübeln

 das Ankommen bei dir selbst

 auf geheimen Spuren 

 des Friedens

 

Nichts ist mehr  

wie es einmal war
nichts bleibt
alles bleibt im Kommen
im Gehen 
im Gehen 
und Kommen

nenn mir Beständiges

hinter den Dingen 

etwas Lohnendes
anzuhalten und

weiter zu gehen mit
dem
Zukunftsblick der Hoffnung 

 

 Masche um Masche

   mit runder Nadel
   strick ich an dem mir
   geschenkten Leben
   Masche um Masche
   auf dass es gelinge
   ich fang sie auf
   die verlorenen Masche
   versuch ihn zu halten
   den verlässlichen Faden
   bleibe dran solange ich
   atme und träume und denke
   mit runder Nadel
   zu stricken an dem mir
   geschenkten Leben



 Festgehaltenes

   im  weiten Unterwegs

   an verlorenen Stränden     
   festgehaltene Gedanken


    gefügt zur Form
   im Vers

 

Ein Gedicht


losgelöst im Raum

tanzende Gedanken

wie bunte Blüten 

gebunden zum Strauß

 

Gedichte

wie Zugvögel

dich mitzuziehen

in  wärmere Zonen

 

Slam-Versuch
Wie du stolperst  wie du stöhnst

wie du trippelst wie du wankst 

wie du taumelst wie Du tanzt 

wie du auf der Stelle stehst 

wie du suchst in allen Ecken 

neue Worte zu entdecken

 

Was bleibt von alledem

vom Gesang des Sommers

vom Bunt des Herbstes

von der Wegstrecke Winter

dein Lachen bleibt deine Zuversicht  
wie ein Zuhause

hinter der fortfliehenden Zeit

 

Fehmarn
dir Insel-Oase

ein Platz 
zum Träumen

zum Denken 

zum Untertauchen

zum  Auftauchen

unter dem weiten
 dich 
umarmenden  Himmel

 

Zugfahren

immer ist Zugfahren

mehr als Zugfahren
zwischen
Start und Ziel 
ein Nirgendwo-Land

eine Weile zu verweilen
im Schwerelosen


Es gibt sie

 die poetische Wahrheit
hinter
der Wahrheit der Welt  die
andere Sicht der Dinge

die dich bannt  dich wach hält 

die dir das Leben neu rundet

 

 Man müsste
 ja man müsste mal aus

 seinem alten Kleidern steigen 
 in ein neues Gewand

 mit freundlicheren Farben
 mit besserem Sitz
 leichter zu knöpfen

 dich wärmer umhüllend
 auf unsicheren Wegen
 sicherer zu gehen 

 

Wie geht es weiter

Verwirrende Bilder
rundum in der Welt
Fragwürdiges wohin 
du schaust Brüchiges
unter den Füßen  kein
neuer Wein mehr in
alten Fässern  zu feiern
ein Fest der Freude

                     
         „Je  suis Charlie!“

       Ich bin der andere
          bin plötzlich konfrontiert
          mit Schicksalhaftem   steh
          fassungslos am Straßenrand
          steige aus meiner Haut
          bin plötzlich nicht mehr ich
          bin der andere


Wo ortest du dich heute

im Dschungel der Eindrücke

im Kunterbunt des Alltags  
im Netz der Möglichkeiten 

wie gehst du dir nicht selbst
verloren in der
verwirrenden
Vielfalt der Welt

wie holst du dich ein  dir eine
Wegmarkierung zu setzen
zum Weitergehen

Steine

Türmen Steine sich zuhauf
schwing kühn dich obendrauf
halt Ausschau du in alle Winde
ob ein guter Weg sich finde

Nichts bleibt  

wie es einmal war

nichts bleibt    alles bleibt 

im Kommen im Gehen 
im Gehen und Kommen

nenn mir Beständiges

hinter den Dingen
  etwas
Lohnendes anzuhalten Und

weiter zu gehen mit dem
Zukunftsblick der Hoffnung 


Dazu stehen

ein Einzelgänger zu sein
sich nicht 
in der Zeitmühle zermahlen zu lassen

nicht festgelegt zu werden

sich frei zu fühlen
im Bewegen
im Denken
im Tun im Glauben
in der Gewissheit
alle Freiheit
in Gott verankert zu wissen  

 

Immer auf der Suche


nach Zusammenhängen 
 
die tragen

die dich weiterbringen
 

auf Wegen nach vorn

 etwas
Beständiges auszumachen

                                         

                       Elisabeth Wegerle

Junge Texte einer Betagten

Es kommt eine Zeit 
da fährt dir das bunte Leben
davon wie ein Zug
in ungeahnte Ferne
du winkst ihm nach
stumm und staunend
und   du hältst an
ein verwurzelter Baum
am stillen Fleck
                                        

                  

Nichts geht verloren

nicht die Landschaft


durch die ein Wind
 dich
getrieben nach vorn


nicht die Gärten der Kindheit


in denen immer noch

Fragen blühen

die erste Liebe nicht

und 
alle die Wege bergauf


die Wolkenbrüche der Trauer



nicht das Glück


der Schmetterling
auf geöffneter Hand



nichts geht verloren


Leben ist Frucht
 des Erlebten



Wie Erntezeit

das Alter 
wie  Wink
wie Abgesang
   ein
Zeitgewinn am
Ende  
turbulenter Tage

nach allem Bergauf

dein Ankommen
im 
Brennpunkt
der Abendsonne


Eine Weile noch bleiben

nah am Wort


im Spielraum der Sprache


im Stromkreis der Sterne


im Lichtkreis der Sonne

zu erwärmen die Stirn


Verborgenes heimlich


zum Blühen zu bringen


Meine Freunde die Worte

wie nahe Wesen

mit mir unterwegs

durch Wind und Wetter

 

In jungen Jahren

Der Versuch 

freihändig zu radeln
querfeldein
in späten Zeiten
der Versuch
freihändig zu gehen
mutig geradeaus           

 

Im Gespräch mit Gott

bricht dir der Horizont auf
du spürst im Bodenlosen
die leise Berührung von
Zeit und  Ewigkeit
 

Wo weilst du des Nachts

wenn der Tag zerfließt

wenn du dich fernab
in Welten tummelst
die es nicht gibt auf der
Landkarte des Wachseins
wenn du abtauchst
in Traum-Gefilde 


mit Zauberfäden festzuhalten

das Unhaltbare

 

Wenn die Netze reißen

die Verständigung stockt
entdecke neu 
was dich trägt


Immer auf der Suche

nach Zusammenhängen 
die tragen

die dich weiterbringen
auf Wegen nach vorn

im Unbeständigen
etwas Beständiges
auszumachen


Wohin zieht der Mensch

des Wegs dahin 

wie sehen sie aus 

die Visionen der Zukunft 

die neuen Ufer 

an den alten Gewässern der Zeit

Du träumst von Fortschritt


von Bewusstseinserweiterung 

von Weiterentwicklung
vom neuen Menschen
der Aufklärung entsprungen

ich träume vom einsichtigen 

von einem Menschen der anhält

der neu ansetzt sich neu entdeckt 
                        
unter den Farben des Regenbogens

     
Wir Weitgewanderten                             

       blicken zurück
auf den Weg den langen
den unwiederholbaren
der hinter uns liegt
wir halten an
den Himmel im Rücken
die Welt vor Augen 
wagen uns weiter
anzukommen             
hinter dem Tag

 

 Gott

der Unwiderlegbare 


das Kraftfeld des Menschen

 
der Atem des Lebens

der Lichtpunkt im Dunkel


das  ewige Feuer

am Rande der Tage

 


Gedanken

gebündelt
 zum Strauß

Worte wie Blüten
festgehalten
im   Gedicht

 

                       
                       Rose Ausländer

Hellhörig werden

Wo sind sie
wer kennt die Namen
der Gerechten unserer Tage
um derentwillen die Welt
weiterbesteht wo sind sie

 die wenigen die aufrecht gehen
die gerade  stehen
für das Gelingen einer Zukunft
in Gerechtigkeit

 

 

Welche Antwort
wird stehen
am Ende der Zeit.
wo fasst du Fuß
im Gestrüpp der Fragen 
findest du Gefährten
auf Fußwegen voran
wo ortest du Antwort
wie einen Silberstreif
dass er einen Bogen schlage
am Morgen über dir

 

Else Lasker-Schüler

Du konntest deinen Schmerz
an den Himmel binden
in blauen Lüften ein Theben bauen
aus Türmen und Träumen
dich zu beheimaten
in der Welten Heimatlosigkeit
Du konntest Hieroglyphen setzen
an den Saum der Wolken
Engel beschwören mit deinem Lied
aus Noten gewachsen in Not
ein Liebeslied dem bedrohten Gott
dass er erblühe in der Seele der Völker



Zeichen setzen

Mit Ulla:       Herz über Kopf
Mit Ingeborg:       Die Zeit stunden
Mit Luise:        Im Dunkel singen
Mit Christa:       Sich  erinnern
Mit Hilde:      Nur eine Rose als Stütze
Mit Marie-Luise:    Nicht so sicher sein
Mit Else:    Hell schlafen dunkel wachen
Mit Dorothee:       Fliegen lernen
Mit Nelly:      Ausgeliefert sein
Mit Rose:
      Sich bekennen zur Poesie
Mit wachen Gefährtinnen
hellhörig werden         
Worte finden
    
Zeichen setzen

 

Abend der Begegnung
Mit Annemarie Schimmel

Stunden im Handschlag
zweier Kulturen
ein Mal nur klarer schauen
mit geschlossenen Augen:
Zerreißproben auszuhalten
Versöhnungszeichen zu erkennen
unter bleiernem Himmel
aufzugreifen
zerbrechliche Blüten der Hoffnung


Rose Ausländer:
Diese Sucht
nach bindenden Worten
Satz an Satz weiterzugreifen
in die bekannte unbegreifliche Welt

 

Dietrich Bonhoeffer

La maison du spectacle
trägt deinen Namen
verwischt deine Spur
im Sand der Zeit
unter Lärm und Lichteffekt
verloren die Kraft der Stille
aus der deine Revolution erwuchs
  

Käthe Kollwitz

angetreten
das Unfassbare fassbar zu machen
Unaussprechliches auszusprechen
in Bilder zu bringen das Weh der Welt
Leben zu deuten im Schatten des Todes
Heiles herauszulösen aus Zerbrochenem
ein Feuer zu zünden  gegen das Vergessen

 


Weil die Zeit drängt
(für Dorothee Sölle)

Dein Leiden an der Welt
dein Kampf um Gerechtigkeit
dein prophetischer Aufschrei
weil die Zeit drängt
rüttelst du an Grundmauern
beschwörst die Vernunft
sprengst den Stumpfsinn
weil die Zeit drängt
für ein neues Menschenbild
für eine andere Geschichte
für eine neue Sprache
für eine begehbare Zukunft
weil die Zeit drängt
setzt du auf die Liebe zu Gott
die Widerstand heißt


Pablo Neruda

Deine Gesänge sind wie
die Gesänge Davids und Salomos
Du trittst der Menge entgegen
dem Leben zu
es ist Zeit mit den Sängern
zu singen Gesänge des Lebens
horizontweit zu zünden ein Feuer


Position beziehen

Gut zu wissen    wo du stehst
wohin du gehst   wo deine Wurzeln
um Undeutliches deutlicher zu sehen
um eindeutig zu werden
um Position zu beziehen

 

Für Helmut Gollwitzer

Einmal ins Rollen gebracht
dreht sich das Rad der Geschichte
nach stummen Gesetzen
nur manchmal greift mutig
ein wacher Geist
mitten in die Speichen hinein
die Richtung des Rades zu ändern
wie viele Mutige
zählt die Geschichte
und wann macht der Geist
der Mutige beseelt
gültig Geschichte 


Aufbruch

bewegt vom Traum einer anderen Welt
getragen vom Mut eines David vor Goliat

                  

 

             
Das „Lied“ der Freundschaft
    


Freundschaft


schmeckt wie runder Wein
hört sich an wie helles Lachen
fühlt sich an wie weiches Fell
riecht nach frischem Gras
wächst wie Immergrün
zu übergrünen den Winter

 


Die Freundschaft

die gilt
im Lachen
das zündet
im Blick
der hält
was er verspricht

 

Je me souviens

Eine Menge Meilen
fern von dir
ich fliege der Nacht zu
über den Ozean
wenn ich bei dir bin
wird Tag sein
und deine Lächeln wärmer
als alle  Sonnen


 

Freunde

wie Säulen
im Saal des Lebens
ein Dach zu tragen
ein schützendes
gegen di Schläge
des Schicksals


    „Du“
 

Konstante für mich

guter Geist im Gewölk

wo du Freund bleibst

unter den Stürmen

erhellt sich der Himmel


 

Der Freundin

Du malst
ich schreibe
du malst Gedanken mir
ich schreibe Bilder
dir aufs Papier


Gefährten des Sommers    

 Es bleibt das Lachen
 das Weinen
 es bleiben Worte
 Gedanken Fragen
 und Träume
 unhaltbar hängen
 am Horizont

Jeder Besuch


ein Versuch

den Weg
zwischen Freunden

nicht zuwachsen
zu lassen

 

Übers Meer

übers Meer
würd ich gehen
über die Brücke

des Mondes zu Dir


Begegnungen

die den Bogen schlagen

von gestern zu heut

von heut zu gestern

dem Vogel Mut
auf der Spur

seinen Linien durch Lüfte


 

Wie denn

erkennst du Freunde

auf Wegstrecken voran

wie denn
erfährt du mehr
über dich selbst
über dein Gegenüber

wie denn
wachsen dir
Antworten die tragen

 

Dem besten Freund

Schweigender Felsen

beredter Verlässlichkeit

Rückgrat der Tage
und Stunden

du läßt mich ziehen

nach Leben zu spähen
im Flug

du bereitest mir Nischen
für meine Rückkehr

aus allen Winden


 

Eine Menge Meilen

fern von dir
ich fliege über den Ozean der Nacht zu 
wenn ich bei dir bin wird Tag sein
und dein Lächeln wärmer als alle  Sonnen

 

Der Seiltanz

zwischen dir und mir
zwischen heute und morgen
zwischen Tag und Nacht

der Seiltanz
aus dem
Brüchigen
in ein Ganzes

aus dem Unmöglichen

in ein Mögliches
        

 

 

  Urlaubsgedanken

    So viel Spannung hinter der Stirn 
    wie viel Volt hält dich wach
    zum Weitergehen

  
Eine Insel

hinter dem Tag
dir zu bewahren
ein Versteck für das Glück

 

Dies ist unser Tag
        

Wir ziehen hinaus
unter den Himmel

einzusammeln das Licht

Dies ist unser Tag

wir fliegen fort  mit den Wolken

einzuholen die Träume

Dies ist unser Tag

wir verweilen im Augenblick

einzufangen die flüchtige Zeit
 

 

Zurück vom Meer

bleibt dir lange noch
im Gedächtnis das Meer
bleibt dir erhalten
im Spiel der Wolken hinter
gelb-verfänglichen Feldern
bleibt unverloren hinter den
Steinfassaden der Stadt
bleibt dir gegenwärtig
im horizontarmen Alltag
als schäumender Impuls
aufzumischen den Boden
unter den Füßen

                          

Urlaub

Im Auf und Davon
der andere Blick:
der Weitblick
der Rundblick
der Überblick
der Rückblick

vom Urlaub zurück
im Rucksack der neue
der  Vorwärtsblick

                     

Dem Gedicht eine Heimat geben

wo es  wächst aus dem Wasser
zu Ufern schlägt
mit spritzigem Schaum
mit den Schwänen Bahnen zieht
auf schwankendem Grund

 

Salz auf den Lippen

 Es trug ein Golfstrom uns
rüber zum Strand
noch brennt das Salz
auf den Lippen
spüren wir Wärme im Blut
treibt uns die Strömung

 

Fortgehen

wenn das Festland
dich schnürt
aufbrechen
mit der Brandung
neu ankommen
fesselfrei

 

Die Zugfahrt

durch goldgelben Raps
wer fragt nach dem Ziel
dem verblassten
mitten im Gelb

 

Tagesboote

stechen in See
wagen den Weg
durch die Wellen
hoffen auf Wind
tragen Träume
tagaufwärts ins Licht
unter der Wölbung
des Himmels
wer-weiß-wie viel
Hoffnung

 

Die Zeit am Meer

wie sie den Blick weitet
über den Tag hinaus
Dinge auf den Punkt bringt
auf den Gedankenpunkt
die Zeit am Meer
dich einzusammeln
an stillen Stränden
stumm auf einem Stein

Diese Stille 

die sich füllt mit Möwengeschrei
in der Frühe die Morgensonne 
die dich lautlos mitnimmt
in das Niemandsland neuer Stunden
    
 

Nie endet der Schöpfungstag

Stumm das Meer
groß und gelassen
Mutter aller Flüsse
fortdrängender Fragen
nie endet der Schöpfungstag
wo Ende scheint wird
Neubeginn wo Nebel fallen
fallen Tränen ins Meer

 

 Am Ende der Nacht            

 wie verloren
der Mond über dem Meer
ein wachsames Auge
groß und rund
im Dämmer der Frühe
ich grhe hinaus wie gebannt 
bleibe hängen im Zauber
einer verglühenden Nacht

 


Wie sie dich mitreißt

die Melodie des Meeres
dich überspült mit Glück
dich einhüllt
in den weißen Schaum
wacher Träume
dich treibt zum Weiter-
und Weitergehen

Gezeiten

im Wechsel der Gezeiten
hinter der weichenden Flut
zu Bewahrendes finden
im ausgewaschenen Sand

                       

                                   Berni Patten

Wenn der Trauer

   
Flügel wachsen

    Gedichte


Punktum

der Tod bringt das Leben
auf den Punkt
punktuell
zu erkennen das volle Leben
zu erhellen den Leerraum
hinter dem Punkt

 

Nicht versinken

im Sog der Trauer
mit klarer Stirn
Ziele ausmachen
die dich weiter tragen

 

Leid und Freud

Wie Nacht und Tag
stehen Freud und Leid
nebeneinander
lösen sich ab
wie Töne im Lied
fließen ineinander über
berühren sich
überspringen sich
wie Steine im Spiel
bleiben im Wechsel
unverwechselbar


Noch ganz Ohr

durch mein Erinnern
tanzt dein Geigenspiel                            
bin noch ganz Ohr                                    
ein Spiel
wie zum Tanz  einer Fee          
aufzuheben die Trauer                          
vom Boden der Welt


   

Nähe                                               
Wenn die Hoffnung erlischt              
stehst du allein im Dunkel
es sei denn jemand erreicht dich      
und zündet durch Nähe
neu ein Licht  

 

 

Diese  Kunst

Im Gehen  zu bleiben                  
im Bleiben zu gehen
sich zu orten                              
wo kein Bleibeort      

                                           

Sterbesegen

 Es sei mit dir
 der Segen Gottes
dir zu helfen
dich zu trösten
deinen Schmerz zu lindern
dich festzuhalten
dich zu umarmen
dich zu umhüllen
mit Frieden

 

In den Nächten

bist du da wie eh und je
nah und gegenwärtig
tauchst auf in den Träumen
wagst den weiten Weg zu mir
von anderswoher
bist mir nah wie eh und je
im Lächeln dem vertrauten
in Schritten auf mich zu
mühelos inmitten der Nacht

 

Dem Schmerz

eine Sprache geben
ihn einfangen
in Worte des Trostes
   

Heute

sind meiner Trauer
Flügel gewachsen
sie springt mich nicht mehr an
aus dem Versteck
sie beißt sich nicht mehr fest
in meinen Gedanken
sie verdunkelt nicht
länger meinen Tag
Heute
sind meiner Trauer
Flügel gewachsen
aufzuheben den Schmerz
vom Boden der Welt

 

Liebeslied

Als ich dir heute nah war

nach all dem Regen

lachte plötzlich die Sonne

wärmte mein Gesicht

trocknete mir zärtlich
die Tränen de Trauer

 

Sich häuten

Von Abschied zu Abschied
sich häuten zum Sein

 

Wunden vernarben

Narben verblassen
unter der Zeit
 der schwerelosen
die stillschweigend 
Schwergewichtiges
aufhebt vom Bode


Auf Scherben

Mit nackten Füßen
auf Scherben stehen
mit zitternden Händen
die Splitter ziehen
mit blutendem Herzen

beschwören das Heil

Trauer
hebt den Lauf der Dinge 
nicht auf  nicht den Tag
nicht die Nacht
nicht den Vogelsang
die aufspringende Blüte
das Lachen der Kinder
Trauer die schwarze Wolke
die dich wortlos 
für eine Weile meilenweit 
dem Leben entrückt


 

                          Heike Maurer

  Psalmen des Vertrauens


                Gott – 

            Du unsere Zuflucht
       unser Schirm und Schutz
                     
Gott
               Du  Alles in Allem
             Du – Alles - im Nichts

                    

Im Gespräch mit Gott

Manchmal deckt Stille dich zu
wie ein Tuch

manchmal fühlst du dich verlassen 
von
allen guten Geistern
 
 fühlst dich allein


manchmal hältst du sie aus

 die Stille
unter dem Tuch


die Erfahrung von Einsamkeit


mitten im Wirrwarr der Welt


manchmal merkst du 

dass du sie
brauchst 
diese Stille unter dem Tuch 


um weiter zu kommen 
über Brüche
hinaus

 in die Begegnung mit Gott

manchmal wächst  Er in dir

 wird dir
um Freund

  wenn du mit ihm 
sprichst

in der Stille unter dem 
Tuch


Du – Gott
bist der Horizont der unerreichbare
vor dem wir leben
der Horizont der nie zu fassende
den wir schauen aus der Ferne
der Horizont der uns festhält
der die Welt umfasst
ohne den alles zerfiele in ein ein Nichts

 

Du bist das Licht

Du brichst durch Wolken
und Dunkelheit
Du erhellst den Horizont
der Gedanken
Du weitest den Blick
auf die Dinge des Lebens
Du löst aus Lähmung
 Du holst heraus
aus der Sprachlosigkeit
Du zündest ein Gebet
auf den Lippen
eins zu werden mit DIR

    

 

Wieder ein neuer Tag

der vom Himmel fällt
wieder neue Stunden
die zu füllen sind
wieder Frust und Frohsinn
Steine im Weg
und Rosen am Rande
der betörende Duft
etwas von Dir - Gott-
von Deiner Gegenwart


Gott
Du - Unwiderlegbarer 

Du - das Kraftfeld des Menschen

der Atem des Leben
der Lichtpunkt  im Dunkel
Du - das  ewige Feuer
am Rande der Tage

 

 Vielleicht

 ist alles ganz anders 

 als du denkst

 vielleicht 
ist dein Auge geblendet

 fasst nicht das Unfassbare

 nimmt nicht wahr das Wahre

vielleicht wohnt im Wunder

 die Wahrheti


Gott – Du bist
im Dahinströmen des Meeres
im Licht des Tages
in der Dunkelheit der Nacht
im Rhythmus der Gestirne
im Geschehen der Welt
im Unglück - im Glück
im Tod - im Leben
Du bist der Du bist eingebrannt
ins Gedächtnis des Menschen


Ich  bin der ich bin

bin das Feuer das nie verlöscht
bin der Wind der weht wo er will
bin dein Erwachen
bin dein  Weg aus der Wüste
bin dein Flug in die Freiheit
Ich bin der ich sein werde in dir

 

Wo ist der Himmel
Wo wohnst Du – Gott 

fragst du wieder und wieder
 
bis du ihn neu wahrnimmst 
bis du erkennst:
 Gott– 
Du bist der Himmel 
der Himmel über mir
 der Himmel 
in mir
 der Himmel der mich 
bewegt
 der mich wachhält 
im Weitergehen

 

 Gott – ich weiß
wenn ich weine  weinst Du mit
wenn ich lache  lachst Du mit

wenn ich singe singst Du mit

wenn ich tanze tanzt Du mit

wenn ich gehe gehst Du mit
wenn ich träume träumst Du mit
den hellen Traum 
einer heileren Welt


Gott - Du
stehst  wo Du stehst
Die Stunden und die Tage
voll Lust und voller Plage
sie gehen dahin
Die Zeit, sie gleicht der Welle
die fortspült von der Stelle
an der du heute stehst
Die Jahre, die vergehen
ie bleiben vor Dir
stehen
in Ewigkeit Du allein stehst,
wo Du stehst zu wohnen 
wo Dein Atem weht
schenkt Leben mir               

 

Du großer Unbekannter

wer bist Du
 und wo bist Du
was bedeutest Du
 für mein Leben
gestern dacht ich Dich als Beschützer
 
träumte Dich neben mir 
mit tröstender Hand
heute spüre ich Dich wie die Luft 
die unsichtbare  die ich einatmed
ie mich erfüllt mit Leben                                                                                                                                                                                                                                             

 

                                                        
              
Carlos  Sayán Wong

  Gestern und Morgen

 Immer neu
 tropfen die Tränen der Trauer
immer neu schlagen Schicksale 
an die Tür des Vergessens  
wachzurütteln das Gewissen der Welt


Der Turm zu Babel“
(Das Pendant zu Nelly Sachs)

( Lasst nicht locker
Ihr müsst den Turm bauen,
immer größer,  immer höher
immer schöner. Seid ihr die
Herren der Welt - oder nicht?.....")

Lasst nicht locker baut den Turm ab
den Turm zu Babel   Stein um Stein
immer mutiger seid Diener der Erde
horcht hinein
in die Geheimnisse der Natur
haltet die Erde im Gleichgewicht
und spielt nicht mit ihr
nach euerm Belieben
eure Angst wird vergehen
lasst nicht locker übertrefft euch nicht
in der Eroberung des Universums
mit allen Mitteln  übertrefft euch selbst
in der Achtsamkeit für die Welt
des Menschen Lebensraum
ist nicht das Universum
lasst nicht locker
ihr müsst den Turm abbauen
koste es was es wolle
versöhnt euch untereinander
setzt den friedlichen Dialog fort
gegen alle Kriege  lasst nicht locker
„ ihr müsst den Turm abbauen
zeigt euch solidarisch mit
allen Lebewesen auf der Erde
begreift euch als Diener
und nicht als Herren der Welt)

Auschwitz

Die überlebt haben
ich sah in ihren Augen
erloschene Sterne
in ihren Blicken
unauslöschliche Nacht

ich sah in Menschenaugen
den ausgelöschten Himmel

 

Wenn wir nicht aufstehen
eine Wand zu bilden
gegen Gewalt
wird kein Schutzwall
sein für den Menschen

 

Was wiegt

wächst in Zonen
zwischen den Zeiten
was bleibt bricht sich Bahn
im Bodenlosen

 

Nach uns wird bleiben

der Baum
der wortlos Geschichten erzählt
von Menschen die unterwegs
Schutz suchten in seinem Schatten

 

Aufbruch

bewegt vom Traum
einer anderen Welt
getragen vom Mut
eines David vor Goliath

 

Wo sind sie

Wer kennt die Namen
der Gerechten unserer Tage
um derentwillen die Welt
weiter besteht
wo sind sie die wenigen
die aufrecht gehen
die gerade stehen
für das Gelingen
einer Zukunft
in Gerechtigkeit

 

Auf dem Weg nach vorn

Nie hörst du auf zu träumen
auf dem Weg nach vorn
es gibt kein Zurück ins Gestern
es gibt nur ein Weiter
vielleicht an Strände
närrischer Vernunft
vielleicht an Ufer
vergessener Weisheit

 

Blick in die Zukunft  

Es wird sein wie immer

es kommt ein Tag
es kommt eine Nacht
die Sonne wird die Welt umarmen
der Mond wird sie
umlächeln von weit
Sterne blitzen auf
in glücklichen Augen
Sorgen türmen sich zuhauf
Menschen werden stürzen
und wieder aufstehen
sie werden tanzen werden lachen
in Liebe fallen und in Leid
sie werden singen und weinen
in tausend Nächten träumen
vom Glück  von guten Geistern
die hilfreich ihre Hand reichen
zum Lauf ins Gelingen

 

Träume ins Heute holen

Träume einer anderen Welt
ohne Macht und Monopol
ohne Hass und Häme
eine farbenfrohe Welt
eine vielsprachige
Worte aufspüren
für Freundschaft und Frieden
Worte wie warmes Brot

           
Aber wie herauskommen

aus dem Zirkel
zermürbender Fragen
aus dem Gewitter
gewaltiger Bedrohung
aber wie herauskommen
aus der Ohnmacht
ohne die Macht des Vertrauens


 Zeichen setzen

  Mit Ulla: Herz über Kopf
 Mit Ingeborg: Die Zeit stunden
 Mit Luise:
Im Dunkel singen
 Mit Christa:
Sich erinnern
 Mit Hilde: Eine Rose als Stütze
 Mit Marie-Luise: Nicht so sicher sein
 Mit Else:
Hell schlafen dunkel wachen
 Mit Dorothee:
Fliegen lernen
 Mit Nelly
: Ausgeliefert sein
 Mit Rose: Sich bekennen zur Poesie


Leben
als ob der Kosmos dich wählte
zu bewahren das zu Bewahrende
Leben  als ob da einer wäre
dem du Rechenschaft schuldest

Leben als  ob es kein

    Als ob  gäbe
im Blindflug  des Vertrauens

    


                                              

                           aufgelesen

 Gedichte

wie Zugvögel
dich mitzuziehen
in wärmeren Zonen

 

Mein Gedicht

ich male
mit Worten ein Bild 
fliege mit Farben
über die Seite
betupfe mit Tönen
ein Blatt 
mische mich ein

 

Manchmal halte ich an

mitten am Tag
Worte zu finden
im Fluss der Gedanken
fange sie ein
fülle mein Netz
ehe sie forttreiben
in der Flut des Vergessens
mich zurücklassen
wortlos am Weg

 

Poetisches Denken
Perlen aufziehen
zur Kette kühner Gedanken 
ein Denken über das Wissen hinaus
zu verstehen       was gilt

 

Ereignis      

Einem anklopfenden Gedanken
die Tür des Tages öffnen
dass er eintrete
Licht zünde und
dich fortziehe ins Freie

  

 Wo wohnst du -

 fragt mich wer   -   ich?
 drüben im Winkel der Poesie
 solange ich denken kann
 hat’s  dieser Winkel mir angetan

 Etwas

das mich hochtreibt in der Frühe
mich begleitet ins Bad zum Kaffeetisch
verweilt auf der Stirn in steiler Falte
mit mir rotiert  durch die Stunden
Gestalt zu finden in Zeichen
auf weißem Papier

 

Der Flügel Poesie

ein Kopf zu erkennen das Ziel
zwei Füße zu durchforsten
die Weite der Welt
zwei Hände zu hüten das Heil
ein Herz aufzufangen
den Fluss der Dinge
der Flügel Poesie
Unfassbares zu erfasse
im Fliegen

 

So leicht

wie im Tanz weiterkommen
nicht festwachsen am Boden
so leicht wie im Lied fortfliegen 
hochgetragen von Tönen


Kunst

zu wecken
die schlafende Schöne
zu erhorchen
in Lüften ein Lied
zu berühren
zum Leben den Stein
zu verwandeln
das Chaos in Kraf

                       
Als der Eisregen kam

floh ich unter ein Dach
schlug Feuer aus den Gedanken
mit warmer Stirn
zu trotzen der Kälte


Ein Gedicht

zerbrechlich wie ein Glas
aus Kristall
nimm behutsam
das zarte Gebilde
und halt es gegen den Tag
vielleicht erkennst du
im Zauberkreis
sich brechenden Lichts
Spuren gebrochenen Seins
aufgefangen im Spiel
gezündeter Farben

      

Unterwegs

Eine Sprache finden
die dich befreit
wie Gesang   wie Gebet

 

Anschreiben

 gegen Resignation
gegen Müdigkeit
gegen Angst
gegen die Kälte
die durch die Poren
der Zeit zieh
mit der Kraft
einer Feder
Felsen verrücken


Gewagter Weg

Die Straße der Gedichte
quer durch die Zeit
Stein um Stein
gewagter Weg
aus Ausweglosigkeit

 

 Poesie

Aus Worten
gezündetes Licht
dir zu erhellen
den Weg


                  

              Dörthe Rutkowsky Berlin
                      

Grund zum Feiern
Wie Hügel springen die Feste 
aus der Landschaft des Lebens
hochgewehte Freude 
aus den Tiefen der Täler
du hältst den Atem an 
zwischen gestern und morgen
und deine Hände 
greifen nach Licht
und tragen es talwärts als Tuch 
über die Tische  der Trauer

 

Komm lach mit mir

wir leben noch
eingebunden in die Zeit
die lebendige
Komm sing mit mir
finde den Ton
den stimmigen
anzustimmen ein Lied
hinaus über den Tag


Gute Verstecke
 

Versteck dein Lachen
in den Rumtopf      für morgen

press dein Lachen

in ein Buch             für morgen

leg dein Lachen
In den Safe
             für morgen

pflanz dein Lachen
in ein Beet
              für morgen



Ansteckend
 Lachen steckt an
  holt dich

über Zäune und Hecken

in die Leichtigkeit 
losgelösten Seins

                  


Ein Strauß für deinen Tag

Eine Glockenblume
                für die Glücklichen
Eine Sonnenblume
                für die Lichtsucher
Ein Vergissmeinnicht
                für die Vergessenen
Eine Pusteblume
                für die Sicheren
Eine Schlüsselblume
                 für die Suchenden
Ein Zittergras
                 für die Zaghaften
Eine Heckenrose
                 für die Rastlosen   
ein Feuerdorn
                 für die Übermütigen
Eine Goldrute
                 für die Wegsucher
Ein Tausendgüldenkraut
                 für die Belasteten
Eine Sterndolde
                  für die Träumer
Ein Glücksklee
         für die Kinder der Welt    

Ein Jelängerjelieber für Dich

 

 

Jeder neue Tag

eine Perle an der 
Kette der Zeit
die dein Leben rundet
jeder neue Tag
ein kleiner Raum
der gefüllt sein will
ein Stück Weg bergan
ein Aufbruch
in ein Ungewisses
auf geheimer Suche 
nach Gewissheit


Dein Platz

zwischen Tür und Angel
immer im Aufbruch
zwischen Gestern und Morgen
immer unterwegs
zwischen Tag und Nacht
halb träumend   halb wach
Dein Platz
zwischen Himmel und Erde
festen Fußes     flügelleicht
anzukommen am Ziel

 

Feiertage

die Welt umfassen
im Spiel    in der Feier
Vorläufigkeit einbinden
in den gültigen Augenblick
etwas festhalten
mit warmen Händen
das Leben neu zu erfassen
im Spielraum
krönender Feste



Dein Zeitnest

das eigene
einer jeden Generation
darin du Zuhause
darin du dich tummelst
darin du
erblühst und vergehst
die Zeitnester dieser Welt
die sich überschneiden
die sich ablösen 
Nest um Nest


 Wozu Gedichte?
 
Wozu  verdichten
die Stunden den Tag

auf den Punkt zu bringen 
das bunte Erleben    
anzuhalten um zu sehen
was trägt im Getriebe

festzuhalten 
für einen Augenblick
die flüchtige Zeit? 

 

Die Zähne der Zeit

Lass dich nicht einfangen       
von den Zähnen der Zeit
sie greifen zu
nach stummen Gesetzen          
abzuzählen die Jahre              
was aber zählt                       
nach beredten Gesetzen       
ist nicht zählbar                   
mit Zahlen


   

                               Corinna

Weihnachtsgedanken

Weihnachten

das Wagnis
ein Stück Himmel
zu erdort
dort wo du stehst

 


Advent

im Lichtkreis der Kerzen

Bilder erkennen hinter
den Bildern des Tages:
mit Maria unterwegs

durch Nächte der Not
mit Maria unterwegs

über die Berge des Zweifels

durch den Dornwald der Angst

mit Maria unterwegs unter

dem Licht einer Verheißung

 

          Weihnachten

        dieser Wachtraum
        der die Welt verzaubert
        der die Menschen ein Stück
        menschlicher macht  sie bewegt 
        sie trägt sie anstößt durch alle Zeiten

 


Der Stern

Er ist nicht erloschen
er steht noch über uns
hell in den Nächten
holt aus dem Nachtschlaf
aus dem Tag-Getümmel
durchbricht lautlos
den Lärm der Welt


Weihnachten

Unser Weg in die Zukunft
Fußmarsch am Grat
Meter um Meter durch Nebel
wir schlagen ein Zelt auf
und hauchen Leben
warm gegen den Wind
bedenken die Stätten
die längst schon
begangen sind
weit zurück bis zur Hütte

zum Kind
und wagen neu
gegen die Kälte zu gehen

 


Ein Lied singen

das den Tag zum Blühen bringt
ein Lied   das die Nacht erhellt
Töne die ein Echo finden
über Raum und Zeit
einstimmen
in den Chor des Shalom:
Ehre sei Gott auf der Erde


Der Stern heute

ein zündender Gedanke  
der dich treibt
aufzubrechen aus den Feldern
der Finsternis
Das Wunder heute 
ein neuer Flügelschlag
geschenkte Kraft fortzutragen 
die gute Nachricht der Nacht

 

 

Wieder Weihnachten


du zündest ein Licht am Rande
des Tages am Rande des Jahres
auszuleuchten die Wege weiter
zu verweilen an einem Meilenstein
mitten im Raum



Die Weihnachtstöne

 

 die vertrauten
 alle Jahre wieder

 aufzuladen mit Wärme
 die Kälte des Lebens

 fortzutragen den Traum
 der Heiligen Nacht


 

Es gibt ihn

den Weihnachtsblick
den Vom-Himmel-hoch-Blick
des Engels aus weiter Ferne


auf die im All verlorene Welt


den Blick des Engels 
auf den Menschen


den umher irrenden


den Herberge suchenden

es gibt ihn

 
den Vom Himmel-hoch-Blick
als Lichtblick für dich

 

               Weihnachtswunsch

            wach zu werden wie die Weisen
            hellhörig wie die Hirten
            bewegt wie Josef
            wissend wie Maria
            Gefährten zu finden
            mit Flügeln

 


Weihnachten
Möcht singen am Morgen
staunen am Abend
wachen zur Nacht
möcht Halt finden
am Horizont heiler Gedanken
eintauchen in wache Träume
hinter dem Tag
möcht neu aufbrechen
im Funkenschlag
eines geheimen Feuers

 

 Die Weisen

sie erkennen ein Zeichen 
sie erzählen vom Stern
sie ziehen durch die Zeit
sie suchen ein Ziel
und sie finden das Kind
und sie denken Gott
wo immer sie sind